- Nun sind die Anästhesiegase Sevofluran und Lachgas zwar nicht ganz so enorm klimaschädlich wie Desfluran, weisen aber nichtsdestotrotz ein viel stärkeres Treibhauspotenzial auf als CO2. Wie geht das Universitätsspital Basel mit diesen um? Könnte auch auf diese verzichtet beziehungsweise deren Einsatz reduziert werden?
LS: Lachgas hat mein Vorgänger in der Anästhesie in Basel bereits vor mehr als zehn Jahren eliminiert. Es wird aber zum Teil noch in der Geburtshilfe im Rahmen der hebammengeleiteten Geburt eingesetzt. Die Hebammen benutzen das Lachgas, weil es etwas den Wehenschmerz dämpft und auch ohne ärztliche Supervision angewendet werden darf. Die Schmerzdämpfung ist allerdings limitiert. Wenn eine Gebärende stärkere Schmerzen hat, dann ist die peridurale Analgesie (PDA) die unbestritten wirksamste Massnahme.
- Das heisst, die verbleibenden klimaschädlichen Gase, Sevofluran und Lachgas, bleiben jetzt erst einmal in Verwendung?
LS: Ja. Sevofluran ist wie eingangs festgestellt für bestimmte Operationen und einige Patient*innengruppen unverzichtbar. Beim Lachgas handelt es sich um eine überschaubare Menge: Wir haben rund 2’800 Geburten pro Jahr, nur die Minderheit von diesen ist rein hebammengeleitet und auch diese benötigen nicht alle Lachgas. Wenn jetzt die ganze Anästhesieabteilung wieder anfangen würde, Lachgas zu verwenden, wäre das unvergleichlich mehr. Und das machen wir sicher nicht, das ist vorbei.
- Und wie sehen Sie das, dass bei der IV-Anästhesie mit Propofol angeblich deutlich mehr Einweg-Abfall anfällt?
LS: Also der Unterschied im Abfall zwischen einer IV-Anästhesie und einer Gas-Anästhesie ist eine Spritze und ein zuleitender Schlauch, mehr nicht. Beim Verpackungsmaterial für Pflaster, Kanülen, Nadeln sind die beiden identisch. Bedeutend für das Abfallvolumen im OP sind solche Dinge wie Einweg-OP-Kleidung und -Abdeckungen und auch Einweginstrumente, aber das ist ein anderes Problem. Hier ist die Industrie gefordert, Lösungen zu entwickeln, die umweltfreundlicher sind als die heutigen.
- Was tun Sie privat für Klima- und Umweltschutz?
LS: Ich bin privilegiert, ich konnte selbst ein Haus bauen. Dann können Sie natürlich eine Wärmepumpe einbauen und entsprechend Solarpaneele aufs Dach setzen, da haben Sie einen gewissen Spielraum. Das ist auch etwas, das mir durchaus Spass macht. COVID hin oder her, ich gehe weniger und weniger an Kongresse, das hat nicht nur mit dem Reisen zu tun, ist aber wahrscheinlich nicht irrelevant. Und last but not least, ich bin nicht Vegetarier, aber im Spital esse ich häufiger und häufiger – also vielleicht unterdessen 50 Prozent – vegetarisch. Aber das hat vor allem damit zu tun, dass das Angebot gut ist und es häufig ansprechender aussieht. Ich glaube, das machen sie gut in der Küche.