Masterplan «Pflege 2030»:
Rekrutierung, Ausbildung und Berufsattraktivität

Die Pflegenden bilden mit Abstand die grösste Berufsgruppe am Universitätsspital Basel. Rund 2’400 Personen arbeiten in der Pflegeassistenz, als Pflegende mit HF- oder FH-Abschluss oder als Pflegepersonen mit Nachdiplomstudium in Intensiv-, Notfall- oder Anästhesiepflege.

In Zukunft werden wir eher mehr als weniger Pflegende benötigen – die Gründe dafür sind vielfältig: eine alternde Bevölkerung, mehr medizinische Möglichkeiten, steigende Patientenzahlen, komplexere Fälle, Pensionierung geburtenstarker Jahrgänge und kein langer Verbleib im anstrengenden Beruf. Das USB ist deshalb stark gefordert, sicherzustellen, dass unseren Patientinnen und Patienten auch in den nächsten Jahren genügend Pflegende mit der nötigen Ausbildung zur Verfügung stehen. Daher wurden in Zusammenarbeit der Medizinischen Direktion Pflege und Human Resources (HR) das Projekt «Pflege/MTT» und mit der Direktion Personal der Masterplan «Pflege 2030» ins Leben gerufen.

Um den Fachkräftemangel in der Pflege nachhaltig zu verringern, setzt das Projekt auf drei Ebenen an: einerseits bei der Rekrutierung der Pflegenden, andererseits bei der Ausbildung, welche im USB einen grossen Stellenwert einnimmt, und drittens beim Erhalt der Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Pflegepersonen. Mit Letzterem soll dafür gesorgt werden, dass die Pflegenden sich bei ihrer Arbeit wohlfühlen und möglichst viele von ihnen dem USB so lange wie möglich erhalten bleiben. «Pflege 2030» sieht vor, die Ausbildungszahlen weiterhin laufend zu erhöhen, gleichzeitig wird die Rekrutierung der Pflegenden professionalisiert und die Anstellungsbedingungen sollen fortwährend optimiert werden.

Isabelle Gisler Ries, EMBA
Direktorin Pflege/MTT

Interview mit Isabelle Gisler Ries

«Lebenslanges Lernen»

  1. Frau Isabelle Gisler, wie ist es zum Masterplan «Pflege 2030» gekommen?

IG: Die «Pflege 2030» entstand im letzten Jahr innerhalb der Organisationsentwicklung gemeinsam mit der Direktion Personal. Innerhalb seiner Strategieentwicklung evaluierte das HR viele Themenfelder, die sehr stark die Pflege/MTT als grösste Berufsgruppe am USB betreffen. Wir haben beschlossen, gemeinsam weitere, konkrete Schritte zu planen. Die «Pflege 2030» wurde auch als vordringliches Projekt innerhalb der neu entwickelten Funktionalstrategie des HR definiert. Ebenso sind diese Massnahmen Teil der Roadmap Pflege/MTT, die das Führungsteam für alle Berufsgruppen der Pflege/MTT entwickelt hat.

  1. Was planen Sie da genau?

IG: Gemeinsam mit dem Team der Leiterin HR Strategieentwicklung Raphaela Meier arbeiten wir daran, Arbeitszeitmodelle zu entwickeln, die den Mitarbeitenden besser entsprechen. Dies geschieht im Dialog mit den Mitarbeitenden, zumal die Bedürfnisse hier sehr unterschiedlich sind. So wünscht sich das Team der einen Station ein Schichtmodell mit geteilten Diensten, wohingegen auf einer anderen Station ein ganz anderes Bedürfnis im Fokus steht. Wir klären mit den Führungspersonen der einzelnen Abteilungen genau ab, wer was wünscht. Es geht nicht darum, einen Standard zu schaffen, den wir über alles stülpen – dafür sind unsere Mitarbeitenden viel zu individuell.

  1. Was setzen Sie ausserdem um, damit Pflegende gesund und zufrieden bleiben in ihrem Beruf?

IG: Ein wichtiger Punkt ist zum Beispiel, dass die Pflegenden zu wenig Zeit hatten, sich nach ihren Diensten zu erholen. Ab nächstem Jahr erhalten sie 10 Prozent Zeitersatz für geleistete Nachtschichten – das ermöglicht ihnen mehr Erholungszeit.

Ein weiterer Stressfaktor für Pflegende ist das kurzfristige Einspringen: Das lässt sich nicht immer ganz vermeiden in diesen Berufen und bisher wurde die Übernahme eines Dienstes innerhalb von 48 Stunden mit 25 Prozent Zeitkompensation vergütet. Das wurde jetzt aufgestockt auf 50 Prozent – so erhalten die Mitarbeitenden den anderthalbfachen Lohn für kurzfristiges Einspringen.

  1. Ein Teil der «Pflege 2030» ist auch die Kompetenz-
    erweiterung – was bedeutet das?

IG: Kompetenzerweiterung steht für die Stärkung der Mitarbeitenden, was ein nachhaltiger Gedanke ist. Kompetenzerweiterung fand in der Pflege schon immer statt: «Lebenslanges Lernen» ist Teil unserer Philosophie am USB. Es geht aktuell eher darum, wie wir die richtigen Kompetenzen am richtigen Ort einsetzen. Wir haben in der Schweiz und weltweit zu wenig qualifizierte Pflegefachkräfte. Deshalb müssen wir die vorhandenen Kompetenzen ideal zusammensetzen. Weiterbildung ist ebenfalls ein Thema – auch wenn wir da schon attraktive Angebote haben, möchten wir diese noch besser aufeinander abstimmen.

  1. Die «Pflege 2030» definiert drei Hauptaktionsfelder: Rekrutierung, Ausbildung und Berufsattraktivität – wo gibt es Ihrer Meinung nach den grössten Bedarf?

IG: Bei der Berufsattraktivität. Es ist sehr wichtig, dass wir die Leute im Beruf halten können. Da müssen wir am kreativsten sein. Dass es zu wenig Pflegefachpersonen gibt, ist kein neues Thema. Das war schon zu meiner Ausbildungszeit so und es wird schon lange daran gearbeitet, die Ausbildungszahlen zu steigern. Wichtig ist, die Leute so auszubilden, dass sie in der Praxis Fuss fassen. Noch steigen zu viele Pflegefachpersonen zu schnell wieder aus dem Beruf aus. Unser «First Year Program», das den Berufseinsteigenden Möglichkeiten für Evaluierung, Befähigung und Selbstkompetenz bietet, zielt da in die richtige Richtung.

  1. Letzte Frage: Wie ist die Fluktuation in Pflege/MTT am USB – liegt die im grünen Bereich?

IG: Im Covid-19-Jahr 2020 ging die Fluktuation sogar leicht zurück – da standen die Pflegenden zusammen und packten mit vollen Kräften an. Jetzt werden die Leute aber allmählich müde und viele wollen aussteigen. Die Fluktuationszahlen sind jetzt wieder etwas höher, aber durchaus noch in der Norm. Wir sind in Zusammenarbeit mit dem HR mit Hochdruck daran, nachhaltige Massnahmen umzusetzen, damit wir ein attraktiver Arbeitgeber sind und die Leute gerne in ihrem Beruf bleiben, weil sie bei uns auch die passenden Voraussetzungen dazu finden.