Mit einem starken Team gut positioniert und für die Zukunft gerüstet

Das Universitätsspital Basel, USB, ist zurück in der Gewinnzone. Nach dem COVID-19-bedingten Dämpfer 2020 stieg die Nachfrage im stationären und ambulanten Bereich 2021 wieder deutlich. Dank des unermüdlichen Einsatzes und der hervorragenden Team- leistung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnte die Mehrbelastung aus COVID-19-Pandemie und Nachfrageanstieg erfolgreich bewältigt werden, wie Verwaltungsratspräsident Robert-Jan Bumbacher und Direktor Dr. med. Werner Kübler im Interview herausstreichen. Die Umsetzung der Reorganisation und die entsprechenden Effizienzsteigerungen erleichterten diese Aufgabe. Auch strategisch ist das USB auf Kurs, sei es in Hinblick auf die neue Führungskultur, die Profilierung national wie international auf höchstem medizinischem Niveau oder die Einführung einer wertebasierten Medizin. Eine breite Palette an Massnahmen soll die Attraktivität des USB als Arbeitgeber weiter steigern.

Interview mit Robert-Jan Bumbacher, VRP, und Dr. med. Werner Kübler, Spitaldirektor

Nach einem Verlust von CHF -16.9 Mio. im vergangenen Jahr konnte das USB 2021 wieder einen Gewinn von CHF 25.8 Mio. erwirtschaften. Was war ausschlaggebend für diese Wende?

Bumbacher: 2021 hat die Nachfrage im stationären und ambulanten Bereich stark zugelegt, und dies unabhängig von COVID-19. Die Nachfrage untermauert unsere Bedeutung, die wir als Zentrumsspital in der Region haben. Gleichzeitig haben wir aus dem ersten Pandemie-Jahr 2020 die Lehren gezogen und uns besser aufgestellt. Dazu hat auch die Reorganisation beigetragen. Beispielsweise dank des neuen Departements «Prozesse, Planung und Steuerung» konnten wir flexibler und gezielter auf die veränderten Rahmenbedingungen reagieren.

Die COVID-19-Pandemie war für Ihren Betrieb auch 2021 ein dominantes Thema. Wie stark und welche Bereiche waren eingeschränkt?

Kübler: Die grösste Herausforderung war, das Personal so einzusetzen, dass die Behandlung der COVID-19-Patientinnen und -Patienten gewährleistet war, ohne die anderen Bereiche allzu stark einzuschränken. Die betriebliche Einschränkung fiel nur dank der hervorragenden Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der optimierten Steuerung, aber natürlich auch aufgrund von externen Faktoren wie der politischen Pandemiemassnahmen so gering aus. In den heiklen Phasen der Pandemie mussten wir jeweils vier Operationssäle schliessen. Durch eine sorgfältige Kapazitätsplanung ist es uns trotz Einschränkungen insgesamt gelungen, die Zahl der Patientinnen und Patienten im operativen Bereich zu steigern. Auch der Rückstau von verschobenen Operationen blieb in einem medizinisch vertretbaren Rahmen. Wir fühlten uns dabei von der Bevölkerung der Region und den kantonalen Behörden getragen.

Im Sommer 2021 hat das USB-Personal in Spitzenzeiten bis zu 93 Prozent der IPS-Patientinnen und -Patienten in der Region behandelt. Seit Herbst 2021 ist die Lastenverteilung ausgeglichener. Was hat sich geändert?

Bumbacher: Die bessere Lastenverteilung ist ein gutes Beispiel für die regionale Zusammenarbeit. Wir haben im Sommer 2021 festgestellt, dass die Verteilung der Belegung auf den Intensivstationen der Spitäler beider Basel sehr ungleich ist. Zusammen mit dem Kantonsspital Baselland, dem Claraspital sowie den Gesundheitsdepartementen beider Kantone haben wir deshalb eine neue Regelung ausgearbeitet, um die Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der betroffenen Häuser besser auszugleichen. Diese Verteilung hat sich auch gegen Ende 2021 bewährt – als die Spitäler erneut mit einer höheren Belastung durch COVID-19-Patientinnen und -Patienten auf den Intensivstationen konfrontiert waren.

Das USB erbrachte 2021 nicht nur in der Behandlung der COVID-19- Patientinnen und -Patienten Höchstleistungen. Gab es weitere Höhepunkte, die Sie herausstreichen möchten?

Kübler: Zuallererst bin ich einfach nur stolz auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Behandlung der an COVID-19-Erkrankten und die zusätzlich höhere Anzahl anderer Patientinnen und Patienten parallel zur Bewältigung der Pandemie ist eine gewaltige Teamleistung. Ausserdem möchte ich herausstreichen, dass wir uns trotz der Pandemie bewusst entschieden haben, unsere Zukunftsprojekte voranzutreiben und die Reorganisation umzusetzen. Beides ist uns gelungen. Ein wichtiges Element der Reorganisation ist die Einführung der interprofessionellen Teamführung, die uns noch näher zusammenbringt und die komplexen Teamleistungen ermöglicht, die wir täglich im Spital erbringen.

«Für ihr grosses Engagement möchte ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meinen Dank aussprechen. Der Verwaltungsrat ist sehr stolz darauf, was wir trotz der Mehrbelastung alles bewältigen konnten. (...) Dabei zeigte sich, dass unsere Institution trotz ihrer Grösse sehr agil ist, sich flexibel weiterentwickeln und sich an die Rahmenbedingungen anpassen kann.»
Robert-Jan Bumbacher, Verwaltungsratspräsident USB

Im Oktober 2021 hat das USB die Anstellungsbedingungen fürs Pflegepersonal deutlich verbessert. Einen Monat später wurde die Volksinitiative «Für eine starke Pflege» angenommen. Welche weiteren Massnahmen planen Sie, um die Attraktivität als Arbeitgeber weiter zu erhöhen?

Kübler: Unsere Massnahmen beinhalten sowohl kurzfristige, erfolgsversprechende Aktionen als auch solche, die langfristig zur Attraktivität beitragen sollen. Entscheidend ist es, die Arbeitsbedingungen dauerhaft so zu gestalten und zu entwickeln, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgreich und mit Freude bis ins Pensionsalter in ihren hochqualifizierten Berufen bleiben. Beispiele dafür sind die Entlastung älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Nachtschichten oder bei hochbelastenden 24/7-Berufen wie dem Notfall. Zu den Massnahmen gehört eine Ausbildungs- und Weiterbildungsoffensive, um mehr Leute neu- und auch zurückzugewinnen. Wir wollen die Kinderbetreuung noch weiter verbessern, zukunftsorientierte Arbeitsmodelle entwickeln und natürlich die laufende aktive Rekrutierung optimal gestalten. Ein Spital lebt von der Teamleistung und gesucht sind ganz unterschiedliche Berufsgruppen. Unsere Anstrengungen sind deshalb sehr breit ausgelegt. 2021 ist es uns gelungen, unser Team weiter zu verstärken und das wollen wir in den nächsten Jahren fortsetzen.

Als Aussenstehender würde man vermuten, dass in einem Jahr wie 2021 für die Umsetzung der neuen Strategie kaum Zeit blieb. Wo steht das USB auf seinem Weg in die Zukunft aus Sicht des Verwaltungsrats?

Bumbacher: Das Universitätsspital Basel hat enorm an Fahrt aufgenommen. Neben der Pandemiebewältigung hat das gesamte Team viel Zeit und Energie in die Transformation, sprich in die Entwicklung und Umsetzung der neuen Führungsstrukturen und -kultur investiert. Auch die übrigen Schwerpunkte der Strategie 2025 konnten wir festigen. Für ihr grosses Engagement möchte ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meinen Dank aussprechen. Der Verwaltungsrat ist sehr stolz darauf, was wir trotz der Mehrbelastung alles bewältigen konnten. Wie bereits erwähnt: Wir haben unsere Lehren aus dem Jahr 2020 gezogen. Dabei zeigte sich, dass unsere Institution trotz ihrer Grösse sehr agil ist, sich flexibel weiterentwickeln und sich an die Rahmenbedingungen anpassen kann. Insofern sind wir auf gutem Weg – sowohl was die operative als auch was die finanzielle Entwicklung angeht.

Ihr langfristiges Ziel ist eine wertebasierte Medizin (Value Based Health- care), die den individuell gemessenen Mehrwert einer Behandlung (Patient-Reported Outcome) in den Mittelpunkt stellt. Wie zufrieden sind Sie mit den aktuellen Ergebnissen aus der Qualitätsbefragung beziehungsweise der Entwicklung der letzten Jahre?

Kübler: Wir sind sehr zufrieden, was die Entwicklung unserer Erfassungssysteme und auch die Gesamtkonzeption angeht. Diese geht in folgende Richtung: Patientinnen und Patienten erfassen ihre Rückmeldungen zu den Behandlungsergebnissen selbst. Das nennt sich «Patient-Reported Outcome Measurement» (PROMs). Ebenfalls zufrieden sind wir mit der im Ausbau befindlichen Erfassung der Rückmeldungen zu den Erfahrungen der Patientinnen und Patienten, die unter das «Patient-Reported Experience Measurement» (PREMs) fallen. Allerdings müssen wir uns bewusst sein, dass Value Based Healthcare ein Projekt unserer gesamten Branche ist, das sich über Jahrzehnte hinziehen wird. Letztlich sollen auch Finanzierungsfragen an die Behandlungsergebnisse geknüpft werden. Hierfür haben wir erste Grundlagen gelegt. Gleichzeitig möchte ich nicht verschweigen, dass wir 2021 bei unseren laufenden Patientinnen- und Patientenrückmeldungen, die nicht PROMs oder PREMs betreffen, bei gewissen Parametern gegenüber den Vorjahren schlechtere Ergebnisse aufweisen. Ob das mit den Pandemie-Einschränkungen zu tun hat oder andere Ursachen dafür verantwortlich sind, müssen wir erst noch genauer analysieren, damit wir dann die notwendigen Verbesserungen einleiten können.

Nebst der Pandemie und dem «normalen» Spitalbetrieb stehen auch 2022 Zusatzbelastungen durch grosse Umbauprojekte und Investitionen an. Sind Sie mit Ihrem Team für diese Herausforderungen gewappnet?

Kübler: Wir haben in der Pandemie immer grösstes Augenmerk darauf- gelegt, die Mehrbelastung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so gut wie möglich zu kontrollieren und trotzdem die steigende Nachfrage gut bewältigen zu können. Diesen Test haben wir bestanden. Vor diesem Hintergrund bin ich sehr zuversichtlich, dass wir auch die anstehenden Vorhaben meistern werden. Ein Ausbau der Leistungen ist nur möglich und gewünscht, wenn wir unseren Bestand an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entsprechend aufbauen können. Es muss sich um ein qualitatives, gesteuertes Wachstum handeln. Dafür sind wir gut gewappnet.

«Wir haben in der Pandemie immer grösstes Augenmerk daraufgelegt, die Mehrbelastung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so gut wie möglich zu kontrollieren und trotzdem die steigende Nachfrage gut bewältigen zu können. Diesen Test haben wir bestanden. Vor diesem Hintergrund bin ich sehr zuversichtlich, dass wir auch die anstehenden Vorhaben meistern werden.»

Dr. med. Werner Kübler, Spitaldirektor USB

Als Teil der Strategie 2025 hat das USB sieben interdisziplinäre Schwerpunkte in Klinik, Forschung und Entwicklung definiert. Warum haben Sie sich für diese sieben Bereiche entschieden?

Bumbacher: Diesem Entscheid lag ein systematischer Evaluationsprozess zugrunde, unter anderem unter Einbezug renommierter Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland. Wir haben sieben interdisziplinäre Schwerpunkte in Klinik, Forschung und Entwicklung identifiziert, sogenannte Innovations-Foci. Diese haben ein sehr interessantes Potenzial. Sie sind ein wichtiger Mosaikstein für die Umsetzung unserer Strategie, uns in der universitären Medizin sowohl national wie international auf höchstem Niveau zu profilieren.

Wenn Sie drei Wünsche offen hätten, was würden Sie sich konkret für die Entwicklung des USB in den nächsten Jahren wünschen?

Bumbacher: Mein erster Wunsch ist, dass es uns gelingt, mit den von Werner Kübler beschriebenen Schritten dauerhaft ein attraktiver und guter Arbeitgeber zu sein. Wir wollen die Rahmenbedingungen so anpassen, dass insbesondere die Pflegerinnen und Pfleger, aber auch alle anderen Berufsgruppen länger in ihrem Beruf und vor allem natürlich bei uns am USB tätig bleiben. Der zweite Wunsch ist, dass das Schweizer Tarifierungssystem für stationäre und ambulante Fälle die Leistung der Universitätsspitäler gerechter abbildet. Denn nur so lassen sich hochqualitative Leistungen und die dringend notwendigen Investitionen in Personal, Infrastruktur und Technik finanzieren und aufrechterhalten. Der dritte Wunsch ist, dass unsere neuen digitalen Angebote, wie zum Beispiel Smart Hospital oder Telemedizin, den erhofften Fortschritt bringen und wir uns damit erfolgreich mit unseren Zuweisern und Partnern vernetzen können, sodass wir für unsere Patientinnen und Patienten einen integrierten Behandlungspfad sicherstellen können.